Himmlisches Internatsgeflüster

Himmlisches Internatsgeflüster

Internat1




Spätestens seit Harry Potter sind Internate (wieder) in. Als wir die Benediktinerabtei Schäftlarn südlich
von München besuchten, erwartete uns zwar kein riesiges Schloss voller Magie und Geheimnisse, aber immerhin ein altes Kloster. Dort trafen wir Marco (12 Jahre), Max (11 Jahre), Justin (12 Jahre) und Johann (12 Jahre), die hier mit 25 anderen Jungs im Alter von 10 bis 20 Jahren leben und lernen. Nur am Wochenende geht es nach Hause.



Harriet: Wie sieht ein typischer Internatstag
aus?


Max: Um 6.40 Uhr stehen wir auf, haben vor dem  Frühstück noch eine halbe Stunde Studierzeit, dann erst geht es in die Tagesheimschule zum Unterricht.

Marco: Unterricht haben wir bis Mittag oder Nachmittag. Danach gibt es Silentio und Studierzeiten, in denen wir lernen und Hausaufgaben machen – und natürlich auch Freizeit.


Justin: Gegen 17 Uhr fahren die Mädchen und Jungs aus der Tagesheimschule heim, wir haben dann frei. Die Kleinen gehen früh schlafen, Nachtruhe ist dann um halb zehn.
Johann (grinst): Was nicht immer klappt. Ich würde eigentlich länger aufbleiben.



Luis: Was heißt denn Silentio?


Justin: Das ist Lateinisch und heißt Ruhe. Doch eigentlich ist es nichts anderes als eine Pause.
Julia: Sind die Mönche auch eure Lehrer?

Johann: Früher gab es mehr Mönche, jetzt sind es nur noch neun, fünf davon unterrichten. Ansonsten sieht man die Mönche gar nicht so oft.

Luis: Wir haben immerhin schon drei von ihnen gesehen, draußen in den Gängen. Kein schlechter Schnitt für einen Kurzbesuch.


Annika: Was gefällt dir am Internat?


Marco: Schön ist es, dass wir abends noch zusammen sind und zum Beispiel gemeinsam Filme anschauen oder zu McDonald’s fahren.
Julia: Und was gefällt dir nicht so gut? Marco muss überlegen, dafür springt

Johann ein: Manche Lehrer nerven, aber das ist ja überall so. Doof ist nur, dass die Lehrer einen auch zu den Studierzeiten überraschen können, zum Beispiel mit Vokabeltests.



Harriet: Wie ist das eigentlich so – ohne Mädchen?


Justin: Tagsüber sind wir ja mit Mädchen zusammen, nur abends nicht. Das passt schon.

Johann: Es hat Vor- und Nachteile. Entschuldigung, wenn ich das sagen muss – aber es gibt keinen Zickenkrieg! Auf der anderen Seite ist es nicht leicht, eine Freundin zu haben.
Harriet: Stimmt, wir können schon ganz schön zickig sein.

Julia: Jungs aber auch.Der Internatsleiter, Herr Günzel, fällt lachend ein: Das kann ich nur bestätigen.


Luis: Was ist der Unterschied zwischen einem
Internat und einer Schule?


Max: Dass man mehr Freizeit hat – und hier Freunde sind, mit denen man nicht extra etwas ausmachen muss, um sich zu treffen. Man sieht sich immer.

Justin: Genau – Freundschaft ist hier das Hauptthema! Deswegen bin ich auch hier, weil ich aus einem
kleinen Dorf komme, wo es nicht so viele Kinder in meinem Alter gibt.


Annika: Und was ist, wenn es mal Streit gibt?


Johann: Das passiert schon mal, aber dann geht man sich halt aus dem Weg. Das geht, auch wenn wir hier eigentlich immer zusammen sind. Außerdem gibt es Streitschlichter.
Justin (lacht): Oder man foult sich beim Fußball und danach ist alles wieder gut.


Harriet: Müsst ihr auch Dienste machen?


Johann: Nur Tischdienst – und unsere Zimmer aufräumen. Es gibt auch Sozialdienste, wenn man etwas angestellt hat. Wir haben mal die Studierzeit verpennt und haben dann den Bolzplatz vom Müll befreit.


Luis: Hat jeder sein eigenes Zimmer?



Herr Günzel: Früher, als es noch über 100 Internatsschüler gab, waren die Kleinen noch in großen Schlafsälen untergebracht. Jetzt hat jeder sein eigenes Zimmer – es sei denn, er möchte mit seinem Bruder oder einem guten Freund zusammenwohnen.


Harriet: Vermisst ihr manchmal eure Eltern oder euer Zimmer zu Hause?



Justin: Ja, es kommt schon mal vor, dass man Heimweh hat. Dann ruft man zu Hause an oder lenkt
sich mit seinen Freunden ab.



Annika: Gruselt ihr euch manchmal im Kloster?


Justin: Natürlich nicht! Nur einmal, als ich ganz neu war, habe ich mich erschreckt, als ich vom Essenssaal kam, weil ich dachte, im Treppenaufgang steht jemand. Derweil war es nur eine Statue. Als ich das
erkannte, musste ich nur noch lachen.


Julia: Wir haben draußen zwei Weiher gesehen. Dürft ihr darin baden?


Marco: Nein, leider nicht, weil die nicht so tief sind. Es ist gefährlich, wenn man reinspringt.

Johann: Jedes Jahr zur Abschlussfeier der Großen versuchen einige aus den fünften Klassen, in den Weiher springen. Das ist so etwas wie eine geheime Regel. Auch wenn die Erwachsenen immer aufpassen – manchmal schafft es einer.

Max: Die Fünftklässer werden hier übrigens Wurzler genannt. Weil sie gerade erst ihre Wurzeln in die Erde vom Kloster Schäftlarn stecken. Und dann gibt’s noch die Erdlinge, das sind die, die zum Probetag
kommen, um zu gucken, ob das Internat etwas für sie ist.


Letzte Frage an den Internatsleiter:
Ein Leben im Internat kostet bestimmt viel, leben dann hier nur Kinder reicher Eltern?


Herr Günzel: Nein, bei Weitem nicht. Natürlich kostet es Geld, aber für uns sind andere Dinge wichtig für die Aufnahme.

Internat2


Kommentar abgeben (Bitte mit Name und Alter!)